Interdisziplinäres Zentrum für Kognitive Sprachforschung
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Abstract Harm

Zur Funktion von Funktionsverbgefügen. Ein kognitiv-linguistischer Versuch

Verbindungen wie Antwort geben, zur Aufführung kommen, zum Ausdruck bringen – sog. Funktionsverbgefüge – sind seit den 1960er Jahren ein vielbehandelter Gegenstand der germanistischen Forschung. Dabei ging es vor allem um den Nachweis, dass Nomen-Verb-Syntagmen dieser Art keine überflüssigen, unökonomischen Dubletten darstellen, sondern gegenüber den etymologisch entsprechenden einfachen Verben (z. B. antworten, aufgeführt werden, ausdrücken) einen funktionellen “Mehrwert” besitzen. Dieser Mehrwert wurde primär in der Möglichkeit einer systematischen Markierung von Aktionsarten gesehen, die FVG gegenüber den etymologisch verwandten einfachen Verben leisten. In dem Vortrag wird zunächst gezeigt, dass eine solche aktionale Markierung – im Gegensatz zur herrschenden Auffassung – keinesfalls als definierendes Kriterium für eine Klasse “FVG” gelten kann, gibt es doch zahlreiche Verbindungen, die sich hinsichtlich ihrer Aktionsart nicht von einfachen Verben unterscheiden (so stellen etwa antworten und Antwort geben, aufgeführt werden und zur Aufführung kommen gleichermaßen Accomplishments dar). Da in der aktionalen Markierung keine spezifische Funktion von FVG zu sehen ist, stellt sich die Frage nach der Funktion von FVG neu. Nach einigen Vorklärungen zum Problem der Klassenabgrenzung – welche Nomen-Verb-Verbindung sind FVG und welche nicht – wird versucht, auf der Grundlage kognitiv-linguistischer Beschreibungsparameter spezifische Konzeptualisierungsoperationen aufzudecken, durch die FVG sich von den entsprechenden einfachen Verben inhaltlich unterscheiden. Solche “Construals”, die FVG aufweisen, sind Metaphorizität, höhere Granularität und besonders ein Figur-Grund-Kontrast zwischen Verb und Verbalnomen. Nach Sichtung des von Talmy aufgestellten Kriterienkatalogs für die Figur-Grund-Unterscheidung wird gezeigt, dass bei FVG das im Nomen versprachlichte Ereignis als Figur erscheint, während das Verb den Grund bildet. FVG leisten somit eine schärfere Konturierung des zu kodierenden Ereignisses, als mit einem einfachen Verb möglich wäre. Da die Figur-Grund-Verteilung letztlich als ein Phänomen der Aufmerksamkeitssteuerung angesehen werden kann, wird durch einen solchen sprachlichen “Trick” die Aufmerksamkeit des Rezipienten stärker auf das zu versprachlichende Ereignis fokussiert als bei der weniger aufwändigen Versprachlichung durch ein einfaches Verb.