Interdisziplinäres Zentrum für Kognitive Sprachforschung
print

Links und Funktionen
Sprachumschaltung

Navigationspfad


Inhaltsbereich

Abstract Petersen

Modellierung von Funktionalbegriffen als Frames

Begriffe können sowohl bezüglich ihrer Stelligkeit als auch in Bezug auf die Eindeutigkeit ihrer Referenz unterschieden werden. Sortale Begriffe (z.B. ‚Apfel’) denotieren Kategorien im herkömmlichen Sinn – sie sind einstellig und haben keine eindeutige Referenz. Relationale Begriffe (z.B. ‚Bruder’) sind mehrstellig. Ihre Referenten sind primär dadurch gekennzeichnet, dass sie in einer bestimmten Beziehung / Relation zu einem Possessor stehen (‚Bruder von Tom’); darüber hinaus beinhalten sie auch sortale Merkmale (‚SEXUS: männlich’). Einen Spezialfall der relationalen Begriffe bilden die Funktionalbegriffe (z.B. ‚Mutter’), die sich dadurch auszeichnen, dass sie jedem Possessor eindeutig einen Referenten zuordnen.

Nach Barsalou (1992) bilden Frames in Form von rekursiven Attribut-Wert-Strukturen das allgemeine Format kognitiver Konzepte. Ausgangspunkt unserer Framemodellierung ist die Idee, dass Attribute Objekten eindeutige Werte zuordnen, also funktionale Relationen beschreiben. Die Werte können ihrerseits wieder strukturierte Frames sein. Somit sind Attribute in Frames Funktionalbegriffe und verkörpern den Konzepttyp, der der Kategorisierung zugrunde liegt.

Frames werden als zusammenhängende, gerichtete Graphen mit beschrifteten Knoten (Werte / Werttypen) und Kanten (Attribute) modelliert, wobei keine zwei Kanten, die von einem Knoten ausgehen, die gleiche Beschriftung tragen dürfen (Funktionalität der Attribute). Zusätzlich ist ein Knoten als zentraler / referenzieller Knoten ausgezeichnet. Unsere Framedefinition folgt weitestgehend der Definition getypter Merkmalstrukturen (Carpenter 1992), um zwischen unspezifizierten und unterspezifizierten Werten (über die Typen) und zwischen Typ- und Tokenidentität (über die Graphstruktur) unterscheiden zu können. Frames sind jedoch genereller als getypte Merkmalstrukturen, da nicht verlangt wird, dass alle Knoten des Graphen vom zentralen Knoten aus entlang gerichteter Kanten erreichbar sein müssen.

Die Attribute in Frames sind beschriftete Kanten und keine Frames; dadurch haben sie zunächst keinen Begriffscharakter. In der Typsignatur (Carpenter 1992) ist für jedes Attribut ein allgemeiner Werteframe definiert, der jedoch nicht mit dem Frame des entsprechenden Funktionalbegriffs verwechselt werden darf, da er weder dessen referenziellen, noch kompositionalen Eigenschaften wiedergibt. Die referenzielle Eigenschaft eines Funktionalbegriffs (seine inhärente Eindeutigkeit) wird durch die Funktionalität des Attributs und nicht durch dessen Wert festgelegt. Der Werteframe bestimmt vielmehr die sortalen Eigenschaften des Funktionalbegriffs.

Funktionalbegriffe unterscheiden sich von Sortalbegriffen, da ihre potenziellen Referenten die Werte eines Attributs sind, das mit dem Funktionalbegriff identisch ist. Erst die Verallgemeinerung der getypten Merkmalstrukturen ermöglicht es, diesen grundlegenden Unterschied in der Modellierung der Begriffe abzubilden:

1) Frame des Sortalbegriffs ‚Person’: person –(MUTTER) –> mutter

Der Frame besteht aus zwei Knoten, beschriftet mit ‚person’ und ‚mutter’, und einem Attribut, beschriftet mit ‚MUTTER’. Der zentrale / referenzielle Knoten ist der mit ‚person’ beschriftete (dieser Framegraph bildet eine getypte Merkmalstruktur).

2) Frame des Funktionalbegriffs ‚Mutter’: person –(MUTTER) –> mutter

Hier ist der referenzielle Knoten der Wert des Attributs ‚MUTTER’. Der Graph bildet keine getypte Merkmalstruktur.

‚person’ und ‚mutter’ sind generelle Wertetypen. Diesen Typen können mittels der Typsignatur weitere Eigenschaften zugeschrieben werden, etwa dass Frames des Typs ‚mutter’ immer ein Attribut ‚SEXUS’ mit dem Wert ‚weiblich’ aufweisen.

In dem Vortrag sollen die ersten im Rahmen des Projekts „Formalisierung von Funktionalbegriffen und Frames“ (Teilprojekt der DFG-Forschergruppe „Funktionalbegriffe und Frames“) entwickelten Ansätze zur Modellierung von Funktionalbegriffen als Frames vorgestellt und diskutiert werden: Dazu werden zunächst, nach einer kurzen Einführung in die von uns postulierten Begriffstypen (Sortal-, Relational- und Funktional-), der Basalousche Framebegriff und Carpenters getypte Merkmalstrukturen vorgestellt. Anschließend wird der enge Zusammenhang zwischen Funktionalbegriffen und den Attributen in Frames und Merkmalstrukturen herausgearbeitet. Abschließend sollen dann Modellierungsansätze für die verschieden Begriffstypen (insbesondere die Funktionalbegriffe) diskutiert werden.

 

Reference

Carpenter, Bob (1992): The Logic of Typed Feature Structures. Cambridge: CUP.

Barsalou, Lawrence W. (1992): Frames, Concepts, and Conceptual Fields. In A.Lehrer & E. F. Kittay (Hrsg.): Frames, Fields, and Contrasts. Hillsdale, NJ: Lawrence Erlbaum Associates. 21-74.