Abstract Wermuth
Eine frame-basierte Repräsentation von medizinischen Klassifikationsrubriken
Im medizinischen Bereich werden verschiedene Klassifikationen eingesetzt, um u.a. Diagnosen, Symptome und Maßnahmen während des Behandlungsprozesses zu verschlüsseln. Diese Klassifikationen sind wichtige Hilfsmittel, den Gesundheitszustand der Bevölkerung und die Leistungen der medizinischen Primärversorgung zu erfassen und zu analysieren. Die Konzepte werden anhand von numerischen Codes bzw. „Rubriken“ (Definitionen) wiedergegeben. Rubriken sind sprachlich realisiert in Form von Nominalphrasen, die durch semantische Ambiguitäten gekennzeichnet sind. Diese Ambiguitäten ergeben sich einerseits aus der komplexen Interaktion der Modifikatoren und der internen Argumentstruktur der NPs, die eine Rubrik potentiell mehrfach ambig erscheinen lässt, und andererseits aus der Tatsache, dass Rubriken elliptische Konstrukte sind. Die korrekte Interpretation setzt pragmatische Faktoren wie fundiertes Kontext- oder Weltwissen voraus, worüber jedoch nicht alle Benutzer von Klassifikationen verfügen. Dies führt häufig zu Fehlinterpretationen bzw. zu verkehrten Codierungen. Gegenstand des Beitrags ist die Frage, inwieweit die Darstellung von mehrsprachigen medizinischen Klassifikationsrubriken anhand eines frame-basierten Repräsentationsformalismus dazu beitragen kann, um das Ambiguitätspotential der NP-Semantik in Rubriken zu repräsentieren und zugleich deren effiziente Disambiguierung zu ermöglichen. Daneben wird auch der potentielle Einsatz dieser formalisierten konzeptuellen Darstellung beim Übersetzen bzw. Erstellen von Rubriken aufgezeigt.
Der Beitrag orientiert sich an der von Fillmore entwickelten Framesemantik und allgemein auf Ergebnissen der kognitiven Sprachforschung. Empirisch fußt der Beitrag auf einer Korpusuntersuchung in mehreren Sprachen (Englisch, Deutsch, Niederländisch und Französisch). Das Korpus wurde dem 3.Band der ICD-9-CM Klassifikation entnommen und umfasst die kardiovaskulären Prozeduren-Codes bzw. Rubriken.